Montag, 7. Oktober 2013
3) Ich bin einfach anders
thesuicidegirl, 22:17h
Ich ging wieder zurück zur Brücke. Aber ich ging nicht zu den Anderen. Meine, mit Springerstiefel gekleideten, Füße gingen in die Mitte der Brücke. Ich lehnte mich auf das Geländer und starrte in die Tiefe. Der reißende Fluss machte beruhigende Geräusche. Ich nahm eine Zigarette in die Hand und drehte sie zwischen meinen Fingern. Plötzlich hörte ich ein Feuerzeug hinter mir klicken. Ich drehte mich langsam um. Es war Maggot. Ich sah sein Gesicht nicht, es war zu dunkel. Aber sein Slipknot Shirt würde ich überall erkennen! „Braucht die wunderschöne Dame vielleicht Feuer?“, sagte er mit einer seltsamen Stimme. „Oh, werter Herr. Das wäre sehr angenehm von ihnen! Ach, ich kann so nicht reden, ist mir zu spießig!“, sagte ich lachend. Ich nahm das Feuerzeug aus seiner Hand und steckte mir die Zigarette in den Mund. Der brennende Geschmack von Rauch breitete sich in meinen Lungen, meiner Nase und meinem Mund aus. Ich nahm einen tiefen zu und ließ dann den Rauch in die Luft steigen. Maggot starrte dem Rauch lange nach. „Warum kann ich eigentlich nicht fliegen?“, sagte Maggot mit ernster Stimme. „Dann würde ich euch alle einpacken und in ein besseres Leben fliegen“. Ich antwortete nicht sondern nickte nur. Ich holte noch eine Zigarette aus meiner Tasche und hielt sie Maggot hin. Er nahm sie und zündete sie an. Zusammen rauchten wir und starrten in den Fluss. So manche Autos rasten an uns vorbei. „Was glaubst du, wie spät es ist?“, fragte Maggot. Ich zuckte mit den Schultern, denn ich hatte keine Ahnung. Vielleicht 2 oder auch schon 5 ?!? Aber das ist mir egal. Ich habe ja nichts zu tun. Die stille zwischen den Autos war angenehm. Mein Kopf tat weh. Es fühlte sich an als würde er in tausend kleine Teile zerspringen. Ich schaute Maggot an der neben mir lehnte. Das Blut um sein bernsteinfarbenes Auge war getrocknet und klebte auf seiner Haut. Er konnte es nicht ganz öffnen, weil es ziemlich angeschwollen war. Ich streckte meine Hand aus und strich ganz leicht über die Wunde. Maggot zuckte zusammen. „Sorry! Ich wollte dir nicht wehtun. Ich wollte nur…egal!“, sagte ich und starrte wieder von der Brücke in die tiefe. Maggot sah mich an.
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2) Ich bin einfach anders
thesuicidegirl, 22:16h
Ich schob Maggots Kopf ganz leicht von meiner Schulter. Er sah mich mit verschlafenen Augen an. „Sorry...“…flüsterte ich. Ich stand auf. Mir war schwindelig, schlecht, kalt und ich hatte großen Hunger. Ich unterdrückte das und ging nach oben zur Straße. Die Straßenlaternen brannten in meinen Augen und ich brauchte einige Zeit um mich daran zu gewöhnen. Um diese Uhrzeit standen am Straßenrand seltsame Gestalten. Junge, hübsche Mädchen mit viel zu viel Make-up und kurzen Kleidern warteten auf schwarze Autos. Vermummte, dunkle Gestalten bekamen Geld und teilten kleine Päckchen aus. Betrunkene, schick angezogene Männer pfiffen Damen nach. Das sind Gestalten der Nacht. Und wir sind eine davon. Ich balancierte auf dem Gehsteig in Richtung Bushaltestelle. Dort stand ein Mann. Er hatte eine blaue Jeans Jacke und Converse an. In der einen Hand hielt er eine Plastiktüte aus der Babywindeln schauten. Ich schlenderte über die nasse Straße. „Haben sie vielleicht eine Zigarette für mich?“ fragte ich höflich. Der verwirrte Mann schaute mich mit großen braunen Augen an. Er war ca. 23 und hatte einen schönen Goldring am Finger. Ich rede selten mit fremden um diese Uhrzeit. Aber er sah nicht gefährlich aus und ich brauchte unbedingt eine Zigarette. „Ich rauche zwar nicht, habe aber gerade eine Schachtel Zigaretten für meine Frau gekauft.“, sagte er lächelnd und stellte die Tüte auf den Boden. Er holte eine Schachtel Marlboro aus seiner Jackentasche und fingerte ca. 5 Zigaretten raus. „Danke sehr nett von ihnen.“ sagte ich und drehte mich um. „Gern geschehen. Pass auf dich auf! Es ist gefährlich in der Nacht!“. „ Das Leben ist immer gefährlich…ob Tag oder Nacht!“ gab ich mit einem gespielten Lächeln zurück. Der freundliche Mann stieg in den Bus und nickte mir nochmal verabschiedend zu. Die Menschen haben alle keine Ahnung vom wirklichen Leben. Sie denken das Leben ist schön. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus!
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1) Ich bin einfach anders...
thesuicidegirl, 22:11h
Es war schon fast Mitternacht als Maggot, 2morrow & ich zum Lager zurückkamen. Eigentlich kamen wir nie so früh zurück…aber heute war es eine Ausnahme. Maggot hatte wiedermal mit Drogen gedealt und sich damit Ärger eingehandelt. Er hatte anscheinend den falschen Stoff geliefert und das ging in eine Prügelei über. Und obwohl 2morrow und ich nichts damit zu tun hatte wurden wir genauso wie Maggot, mit seinem blutigen Auge, rausgeschmissen. Im Lager saß schon die ganze Familie um ein kleines Feuer herum. Unsere Familie das sind OG, Rainbow, die kleine Tears, Jewel, Boogie, Frankie, 2morrow, Maggot und Roxy, das bin ich. Wir sind keine normale Familie mit Mama und Papa usw. . NEIN…wir sind bloß eine Gruppe von Straßenkindern, die niemanden haben außer einander. Das Feuer war so warm, dass meine vor Kälte starren Finger brannten und juckten. Maggot saß mir gegen über. Ich sah in an. Ohne zu lachen…einfach ohne Emotionen. Sein linkes Auge war schon angeschwollen und noch immer blutig. Es sah echt schlimm aus…für normale Augen! Wir haben schon schlimmeres gesehen! Als er bemerkte, dass ich ihn anschaue zwinkerte er mir zu. Ich grinste ihn an und zwinkerte zurück. Wir sind nicht zusammen oder so, aber irgendetwas war zwischen uns. Die anderen Jungs unserer Gruppe waren wie Brüder für mich. Aber Maggot war einfach anders. Er stand auf und setzte sich neben mich. Er legte seinen Kopf auf meine Schulter. Ich schaute verlegen in die Runde. Anscheinend war das jedem egal. Doch dann sah ich Rainbows grinsendes Gesicht. Meine beste Freundin und Maggots einzige Schwester, musste so lachen, dass sie das Gleichgewicht verlor. Frankie musste sie auffangen damit sie nicht mit dem Kopf auf die Gehsteig kante knallte. Frankie richtete sie auf. Strich ihr eine bunte Haarsträhne aus dem Gesicht und schaute ihr tief in die Augen. Rainbow hatte ihre Haare in Regenbogenfarben gefärbt, deswegen nannten wir sie alle so. Eigentlich hieß sie Emely, aber sie mochte diesen Namen nicht. Sie hörte auf zu lachen und sagte leise: „Und Roxy wollte mir nicht glauben das er auf sie steht!“. Frankie schaute uns an, grinste auch und nickte. Verwirrt fragte Maggot was los sei. „Ach nichts!“ sagte Rainbow und küsste Frankie. Seit ich Rainbow kenne ist sie mit Frankie zusammen. Die beiden sehen so glücklich aus. Ich beneide sie darum. Ich bin selten glücklich. Ständig werde ich daran erinnert, dass mein Leben schon vorbei ist. Ich bin mit 12 von zuhause abgehauen. Weil ich es einfach nicht mehr aushielt. Meine Mutter wollte immer perfektes Aussehen, perfektes Benehmen und perfekte Leistungen von mir. Leider bin ich auch nur ein Mensch, und so gab es immer Spannungen zu Hause. Als dann meine Mutter an Krebs starb war mein Leben sowieso im Arsch. Ich hatte sonst niemanden…also entschied ich mich dafür mich einfach unter die Brücke zu legen, wo OG mich nach 3 langen tagen fand. Seit dem Tag an waren wir zu zweit. Ich hätte auch zu meinem Vater gehen können…aber zu einem Menschen (wenn man ihn überhaupt so nennen kann) der so ist wie er...? Nein danke! Ich habe richtig Angst vor ihm. Als ich 9 war hat er mich sexuell misshandelt. Aber ich konnte es niemanden sagen, weil ich noch nicht wusste was da passiert ist. Das einzige was ich noch weiß ist, dass es höllisch wehgetan hat und sehr unangenehm war. Nach diesen „Unfall“ hat er mich nur noch wie Scheiße behandelt und oft geschlagen. Der Einzige, der immer für mich da war, war mein Bruder…aber er ist genauso abgehauen…nur noch früher. Ich hab ihn oft gesucht, nur weiß einfach niemand wo er ist. Mein Leben war nie richtig schön gewesen, also macht es keinen Unterschied, ob ich zuhause sterbe oder hier auf der Straße. Sogar als ich noch zuhause war hab ich oft über Selbstmord nachgedacht…um einfach alles zu beenden. Vor ca. einem Jahr saß ich mit einem Messer, das ich gefunden hatte, hinter einem Lokal zwischen den Mülltonnen. Damals war ich fest entschlossen, dass das mein letzter Tag ist an dem ich lebe. Als ich gerade die Klinge an meiner Schlagader ansetzte stand plötzlich Maggot vor mir. Aus 2 verschieden farbigen Augen schaute Maggot mich an. Eins war eis-blau, das andere Bärensteinfarben. Er fragte mich ob ich das wirklich will. Als ich ja sagte erzählte mir, dieser damals fremde, seine ganze Lebensgeschichte. Ich bin der einzige Mensch der wirklich alles über Maggot weiß. Und er weiß alles über mich…und das verbindet uns. Ich sah Maggot, der noch immer auf meiner Schulter lag an. Seine schwarzen Haare waren zerzaust und notdürftig auf gestellt. Ich biss auf meiner Lippe herum, bis ich den eisernen Geschmack von Blut im Mund hatte. Ich sah nochmal in die Runde. OG lag in der Ecke auf ein paar Zeitungsstücken. 2morrow und Jewel lachten und redeten über Mode, Schminke und Partys. Ich habe Angst um die beiden. 2morrow ist eigentlich lesbisch und Jewel schwul. Aber für Geld…schlafen sie mit jedem. Manchmal sind sie tagelang weg. Ich denke außer mir macht sie niemand Sorgen um sie. Die kleine Tears saß neben OG und spielte mit seinen Dreadlocks. Sie ist noch so jung. Eigentlich sollte sie gar nicht hier sein. Sie ist jetzt seit einem Jahr in unserer Gruppe. Vor zwei Wochen hatte sie Geburtstag und wurde erst 12! Sie erzählt jedem sie wäre schon 16. Aber ich bin die einzige die ihr richtiges Alter kennt. Rainbow und Frankie kuschelten und flüsterten. Rainbow sieht so glücklich aus. Ich wahrscheinlich nicht. Wenn ich einen Spiegel hätte, würde mich ein mit traurigen grünen Augen anschauen. Sie hat rotes verfilztes Haar. Viele Narben zeichnen ihren Körper. Große, kleine, dicke, dünne, frische und alte. Schmutz klebt auf ihrer Haut. Sie fühlt sich hässlich…
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